Zwei Weiße Fahrräder in Magdeburg aufgestellt
Am vergangen Mittwoch stellte der ADFC Magdeburg in Zusammenarbeit mit Soli-RAD-isch erneut zwei Weiße Fahrräder in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt auf. Die Weißen Fahrräder sind Denkmäler. Sie sollen an getötete Radfahrende erinnern und auf gefährliche Situationen im Straßenverkehr aufmerksam machen. In Magdeburg gibt es bereits an einigen Orten solche Räder. Erst Anfang des Jahres hatte der Fahrradclub eines in der Großen Diesdorfer Straße aufgestellt. Jetzt steht auch an der B1 zwischen der Einfahrt zum Universitätsgebäude 40 und der Einfahrt Am Krökentor ein weiteres dieser Räder.
Der ADFC Magdeburg und Soli-RAD-isch stellten zusammen zwei Weiße Fahrräder auf.
Die Stelle an der B1 ist ein Unfallschwerpunkt für Radfahrende in Magdeburg. Im Sommer des vergangenen Jahres kam es hier zu einem Unfall bei dem ein 68-jähriger Radfahrer tödlich verunglückte. Mit dem Denkmal will der ADFC aber auch auf die Probleme mit der Verkehrsführung aufmerksam machen. „Wir haben dort mehrere schwierige Lagen, die zusammenkommen. Zum einen wurde mit der neuen Zufahrt zur Zschokkestraße, eine neue Abbiegemöglichkeit geschaffen, die im Zusammenspiel mit dem fehlenden Schulterblick der Autofahrenden zum Unfall führen kann. Hier fehlen auch eine klare Markierung des Radwegs und der Hinweis auf querende Radfahrer. Nur wenige Meter weiter gibt es dann eine ähnliche Gefahrenstelle durch die Abbiegemöglichkeit in und aus dem Krökentor.“ erklärt Martin Hoffmann vom ADFC. Dazu käme, dass die ohnehin schon wichtige Verbindung für den Radverkehr aufgrund der Versperrung durch die Tunnelbaustelle aktuell noch stärker genutzt würde, um von der Altstadt nach Stadtfeld zu gelangen. Gerade dabei sei die Verkehrsführung laut Hoffmann kritisch: „Stellen wir uns vor, jemand will aus dem Nordabschnitt des Breiten Weges die kürzeste Strecke in Richtung Stadtfeld nehmen. Dann fährt er durch die Straße Am Krökentor in Richtung B1. Doch dann ist hier eine Querung auf die richtige Seite der Straße nicht möglich. Die offizielle Meinung der Verwaltung ist, dass die Radfahren dann über den Uniplatz fahren sollen. Dies sei zumutbar. Wir sind der Meinung, dass man hier sieht das Fußgänger und Radfahrer nicht als gleichrangige Verkehrsteilnehmer angesehen werden. Denen kann man anscheinend zumuten, dass sie den Weg in Kauf nehmen. Hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Uniplatz leider auch nicht weniger unfallträchtig für Radfahrende ist.“
Ohne Schulterblick nehmen abbiegende Kfz Radfahrenden schnell die Vorfahrt Am Krökentor.
Der ADFC wünscht sich hier mehr Bewusstsein für die Sicherheit im Verkehr. „Allen Beteiligten, ob Verkehrsteilnehmer, Verkehrsplaner oder Politiker, müssen sich täglich bewusst machen, dass es im Straßenverkehr um Menschenleben geht und eben nicht um die sogenannte Flüssigkeit des Verkehrs. Wir brauchen sichere Infrastruktur und mehr gegenseitige Rücksichtnahme. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen!“ Nur so könnte man die angestrebten Ziele der Stadt laut Hoffmann erreichen: „Wenn wir wollen, dass Menschen wieder mehr zu Fuß oder per Rad unterwegs sind, und so verstehe ich das Ansinnen der Stadt mit dem Leitbild des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts und des aktuell laufenden Masterplan 100% Klimaschutz, dann müssen wir eben kurze und sichere Wege anbieten. An dieser Stelle findet das Moment eben nicht statt.“
„Wir sind der Meinung, dass man hier sieht, dass Fußgänger und Radfahrer nicht als gleichrangige Verkehrsteilnehmer angesehen werden.“
Martin Hoffmann, ADFC
In Sachsen-Anhalt kam es in diesem Jahr zu mehreren tödlichen Unfällen. Alleine im letzten Halbjahr gab es in Wittenberg zwei tödliche Unfälle. Auch im Landkreis Anhalt-Bitterfeld kamen zwei Radfahrende zu Tode. In Schönebeck verstarb ein Radfahrer. Im Landkreis Altmark endeten zwei weitere Unfälle tödlich.
Neben dem neuen Weißen Fahrrad an der B1 stellte der ADFC auch das Denkmal an der Große Steinernetischstraße wieder auf. Das Denkmal fiel Vandalismus zum Opfer und wurde schwer beschädigt. Immer wieder werden die vom ADFC aufgestellten Weißen Fahrräder in Magdeburg beschädigt oder auch wie im vergangen Jahr, an der Wasserkunststraße, gestohlen. Um auch zukünftig Weiße Fahrräder aufstellen zu können und diese in Schuss zu halten, schloss sich der ADFC für diese Aufgabe mit Soli-RAD-isch zusammen.
Für die freie Magdeburger Fahrradwerkstatt Soli-RAD-isch war es selbstverständlich die Initiative für Weiße Fahrräder zu unterstützen. „Wir haben eine offene und freie Fahrradwerkstatt, wo auch alte Räder anfallen, die nicht mehr instandgesetzt werden können. Da haben wir uns gedacht, dann malen wie die einfach weiß an und stellen die einfach wieder auf, damit sind diese Denkmäler auch wieder gut aussehen.“, so Jeske von Soli-RAD-isch. Sie werden sich auch weiterhin um die bereits aufgestellten Räder kümmern, erklärt er. „Wenn jemand Schaden an diesen Ghost Bikes (Weiße Fahrräder) sieht und das melden möchte, dann kann er das gerne an soliradisch@riseup.net schicken oder sich direkt an den ADFC wenden“
Aber auch abseits der Weißen Fahrräder steht Soli-RAD-isch als Ansprechpartner für Fahrradprobleme zur Verfügung. „Wir haben vor kurzem eine mobile Radwerkstatt gehabt. Damit sind wir dann immer zu Unterkünften von Geflüchteten oder auch zu sozialen Freiräumen gefahren. Dorthin, wo Leute mit wenig Geld waren, die aber Fahrradprobleme haben. So etwas wie einen Platten oder die Gabel und die Gangschaltung halt, die nur wieder neu eingestellt werden mussten. Wir sind jetzt einen Schritt weitergegangen und haben eine stationäre Fahrradwerkstatt im Ökozentrum am Harsdorfer Weg in Stadtfeld eröffnet. Dort bieten wir den Service auch immer noch an. Jeder, dessen Fahrrad Probleme hat und der das nicht in eine konventionelle Werkstatt bringen möchte, sondern selber was daran schrauben möchte, kann zu uns kommen. Montags bis Freitags von 9 Uhr bis 14 Uhr. Dann schrauben wir gemeinsam an den Fahrrädern und wenn jemand noch ein Rücklicht braucht, dann finden wir da auch noch einen Ersatz.“
„Es geht letztendlich um Menschenleben und ist nichts ist günstiger als eine gute Radinfrastruktur.“
Jeske, Soli-RAD-isch
Soli-RAD-isch unterstützt die Weißen Fahrräder auch, weil sie sich wünschen, dass sich etwas verändert, damit in Zukunft mehr Menschen in Magdeburg das Fahrrad sicher nutzen können. „Wir haben viele ältere Menschen, die sich nicht trauen mit dem Fahrrad zu fahren. Wir sehen das bei den Kindertagesstätten, dass es immer mehr Elterntaxis gibt, die uns auch persönlich gefährden.“ Gerade deswegen ist es für ihn nicht verständlich, warum sich nicht mehr für den Radverkehr tue. „Ich finde es erschreckend, dass die Stadt Dutzende Millionen Euro in eine Brücke und einen Tunnel aus irgendwelchen Sachzwängen steckt. Aber wenn es dann um ein Gutachten für Radschnellwege geht, die die Stadt massiv voranbringen würden, seien keine 50.000 Euro für ein Gutachten vorhanden. Das ist nicht nur enttäuschend, das ist einfach jämmerlich. Damit hat sich die Stadtverwaltung auch selbst ein Armutszeugnis ausgestellt. Auch wenn wir an die Innenstadt denken, die Geschäfte, der Handel, all das könnte durch vernünftige Radinfrastruktur belebt werden. Magdeburg kann sich nicht darauf ausruhen, dass wir am Elberadweg gelegen sind, sondern in der Innenstadt selbst muss massiv was passieren. Es geht letztendlich um Menschenleben und ist nichts ist günstiger als eine gute Radinfrastruktur.“
Ich finde die Denkmäler einerseits super und andererseits auch traurig, wie viele davon in den letzten Jahren in Magdeburg aufgestellt werden mussten…
Mir machen sie allesamt bewusst, wie aufmerksam man gerade als Radfahrer sein muss. Vor allem zu Feierabendzeiten am Uniplatz-Kreisel ist es auch ein Wunder, dass dort noch kein Radfahrer zu Tode gekommen ist.
Beim Vorbeifahren an der Großen Steinernetischstraße konnte ich allerdings nur den Kopf über den Vandalismus und so wenig Respekt schütteln.
Vielen Dank für eure Arbeit!
(Noch ein kleiner Hinweis: Die Straße an der B1 heißt übrigens Am Krökentor, nicht Krötentor 😉 )